Beschlussanfechtungen

Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung werden in der Regel mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Stimmenthaltungen haben auf das Verhältnis der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen keinen Einfluss, sie gelten als nicht abgegeben. Eine Besonderheit stellen Beschlüsse über bauliche Veränderungen und Aufwendungen nach § 22 I WEG dar, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen. Solche Maßnahmen können grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer beschlossen werden, mit der Ausnahme des § 22 I 2 WEG. Außerdem ist es möglich, nach § 22 II WEG Maßnahmen, die der Modernisierung gem. § 559 I BGB oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, mit der sog. "doppelt qualifizierten Mehrheit" zu beschließen (Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer nach Köpfen und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile).

 

Die gefassten Beschlüsse müssen eindeutig sein und sollen keinen Interpretationsspielraum bieten. Fehlt diese inhaltliche Bestimmtheit und Klarheit, kann ein Beschluss anfechtbar oder sogar nichtig sein. In beiden Fällen sind zur Klärung gerichtliche Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG möglich.

 

Beschlüsse der Versammlung sind in einer Niederschrift festzuhalten, vgl. § 24 VI WEG. Gem. § 24 VI WEG ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, die Niederschrift einzusehen. Der einzelne Eigentümer hat somit zwar ein Einsichtsrecht hinsichtlich der Niederschrift, jedoch keinen Anspruch auf Übersendung einer Abschrift. Das Wohnungseigentumsgesetz schreibt einen Versand des Protokolls der Eigentümerversammlung an die Eigentümer nicht vor. Eine abweichende Regelung bleibt dem unvernommen.

 

Zusätzlich zur Niederschrift muss eine Beschluss-Sammlung gem. § 24 VII WEG geführt werden. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut der verkündeten Beschlüsse mit der Angabe des Ortes und dem Datum der Versammlung, entsprechendes für schriftliche Beschlüsse und die Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gem. § 43 WEG (Beschlussanfechtungsverfahren u. a.).

 

Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, der sog. "Umlaufbeschluss", wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erklärt haben, vgl. § 23 III WEG. Dies Erfordernis der Einstimmigkeit ist dem Vereins- und GmbH-Recht entlehnt und dient dem Minderheitenschutz, da solche Beschlüsse ohne Aussprache und Beratung getroffen werden. Die Initiative zu einem solchen Umlaufbeschluss kann auch von jedem Wohnungseigentümer ergriffen werden, er ist dann der Abstimmungsleiter und muss den Beschluss verkünden. Erst mit der Verkündung an alle Wohnungseigentümer wird ein solcher Beschluss rechtswirksam.

 

Nichtig ist ein Beschluss, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, vgl. § 23 IV 1 WEG. Nichtige Beschlüsse ergeben sich z.B. bei Begründung oder Beschränkung von Sondernutzungsrechten oder bei der Begründung der Erwerberhaftung für Beitragsrückstände des Veräußerers. Ein nichtiger Beschluss entfaltet von vornherein keine Rechtswirkung.

 

Beschlüsse, die zwar nicht nichtig sind, aber trotzdem möglicherweise widerrechtlich gefasst wurden, sind nach ihrer Verkündung lediglich anfechtbar, vgl. § 24 IV 2 WEG. Sie gelten, auch wenn sie fehlerhaft sind, allerdings solange, bis ein rechtskräftiges (!) Urteil ihre Ungültigkeit feststellt. Von großer Bedeutung ist, dass die Anfechtung nur innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung durch eine gerichtliche Klage geltend gemacht werden kann, vgl. § 46 II 2 WEG. Wird diese Frist versäumt, wird auch ein eigentlich rechtswidriger Beschluss bestandskräftig, wenn er nicht nichtig ist.

 

Wenn eine gegen einen Beschluss gerichtete Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen wurde, kann auch eine denkbare Nichtigkeit des Beschlusses nicht mehr geltend gemacht werden, vgl. § 48 IV WEG.

 

Beschlüsse der Wohnungseigentümer sind auch gegenüber Rechtsnachfolgern, z.B. Wohnungskäufern oder Erben, rechtsgültig, vgl. § 10 IV WEG. Sie sind nicht in das Grundbuch einzutragen. Ein Wohnungskäufer sollte sich also rechtzeitig durch Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung über die aktuell gültigen Beschlüsse informieren. Die Einsichtnahme steht jedem Wohnungseigentümer oder einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer ermächtigt hat zu, vgl. § 24 VII WEG.

 

Die Anfechtung von Beschlüssen oder Feststellung ihrer Nichtigkeit kann im Einzelfall großes Streitpotential bieten. Damit es erst gar nicht soweit kommt, ist es wichtig die ganzen Formalia einer Eigentümerversammlung zu beachten und wirksam umzusetzen. Für Fragen rund um diese Themengebiete stehe ich Ihnen jederzeit mit Rat und Tat zur Verfügung.


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